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AfA Region Stuttgart

„Was ist los bei Breuninger?“

Arbeitsgemeinschaften

„Was ist los bei Breuninger?“
Protokoll einer Veranstaltung im Rahmen des Betriebs- und Personalrätekreises in der Betriebsseelsorge

Antwort Postkarte

Am 25. November 2010 berichtete die zuständige verdi-Sekretärin Christina Frank in der ev. Betriebsseelsorge in Sindelfingen im Betriebs- und Personalrätekreis von besorgniserregenden Vorkommnissen bei Breuninger. Moderator war Walter Wedl, kath. Betriebsseelsorger.

Bei Breuninger gibt es seit langem formal einen Betriebsrat, in dem aber auch Führungskräfte sind. So ist der langjährige Betriebsratsvorsitzende Helmuth Bohnenstengel Pressesprecher des Unternehmens. Es gibt beim Breuninger keine Betriebsversammlungen (ein Verstoß gegen das BetrVG!), sondern sog. Mitarbeiterfrühstücke, die zum Teil in der Freizeit stattfinden. Wenn die Teilnahme Pflicht ist, ist es Arbeitszeit, ansonsten nicht (aber auch dann „freiwilliger Zwang“, d.h. der Chef fragt nach, wenn man nicht da war). Auf diesen Versammlungen wurde und wird - seitdem verdi dort auftritt - gegen verdi gehetzt und behauptet, verdi hätte schon Karstadt und Quelle kaputt gemacht, und jetzt solle Breuninger kaputt gemacht werden. (Nachtrag: Solche Veranstaltungen können Betriebsversammlungen nicht ersetzen, da zu Betriebsversammlungen der Betriebsrat einlädt und dieser auch der Hausherr ist).

Zur letzten Betriebsratswahl trat eine verdi-Liste an. Am Tag vor der offiziellen Einreichung dieser Liste wurde der Spitzenkandidatin gekündigt. Sie wehrte sich dagegen. Beim ersten Mitarbeiterfrühstück wurde in allen 4 Häusern ihr persönlicher Fall / mit allen Personaldaten (!) öffentlich dargestellt, wobei die wesentlichen Punkte verdreht wurden. Das hat sie sehr verletzt Als sie im Haus Stuttgart auf einer eigens einberufenen Versammlung betriebsöffentlich als Lügnerin dargestellt wurde weil sie gesagt hatte, sie würde von KollegInnen geschnitten, warf sie das Handtuch und verließ das Unternehmen.

Aus den ersten Sitzungen kamen unsere Kolleginnen total fertig. Sie wurden nach Absprache der übrigen BR-Mitglieder gezielt fertig gemacht. Man wollte erreichen, dass sie das Amt aufgeben. Erst durch die Gerichtsverfahren ist der Umgang – zwangsweise durch die dadurch erreichte Öffentlichkeit – „normaler“ geworden.

Bei der BR-Wahl gab es Unregelmäßigkeiten, u.a waren die Wahlurnen nicht versiegelt. Deswegen hat verdi die Wahl erfolgreich angefochten.

Breuninger hat über 3500 Mitarbeiter, damit hat das BR-Gremium 23 Sitze und 6 Freistellungen.
Bei der konstituierenden Sitzung des Betriebsrates verzichtete die Mehrheitsfraktion zuerst auf alle Freistellungen (hat man nie gebraucht) und hat dann, weil die verdi-Betriebsräte einen Antrag gestellt hatten, im Juli auf 3 der 6 Freistellungen verzichtet, wieder ein Verstoß gegen das BetrVG. Die 4. Freistellung hätte der verdi-Liste zugestanden, die 5 Mandate errang.

Auch gegen den Verzicht auf 3 Freistellungen klagt verdi.

In einer Sitzung des Betriebsausschusses wurde einer verdi-Betriebsrätin unterstellt, die Sitzung per Handy abgehört zu haben. Am nächsten Tag wurde sie zum Personalbereich zitiert und fristlos gekündigt. Der BR stimmte der Kündigung zu. Die Sache ist jetzt beim Arbeitsgericht. Die Betriebsrätin gibt an, sie hätte das Handy eingeschaltet gehabt, aber ohne zu telefonieren. (Nachtrag: Inzwischen liegt ein Einzelverbindungsnachweis vor, der beweist, dass zur fraglichen Zeit von diesem Handy aus kein Gespräch geführt wurde. Daher die Frage an den Betriebsrat: Wie konnte der Betriebsrat in einem solchen Fall einer Kündigung zustimmen?).

Es gibt beim Breuninger kaum Betriebsvereinbarungen. Wird denn mal eine abgeschlossen, so sind diese geheim. Auch BR-Mitglieder erfahren nur, dass eine solche abgeschlossen werden soll, bekommen aber den Text nicht zu sehen. In der BR-Sitzung wird in der Regel alles beschlossen, ohne dass man Einblick in den Text bekommt.

Vor der Betriebsratswahl hat der Betriebsratvorsitzende Helmuth Bohnenstengel einen Brief an alle Mitarbeiter geschrieben, in dem es heißt: „ Gewerkschaftliche Funktionäre sind angetreten, über eine Liste Einfluss auf unser Unternehmen auszuüben. Die Absicht dieses Handelns scheint klar, unser erfolgreiches Handeln soll hierdurch von außen gestört werden.“ Die Stuttgarter Zeitung zitiert weiter, dass die Arbeitsplätze sicher seien und jeder sein Gehalt bekomme. „Dies alles haben wir aber nur ohne die Scheuklappen gewerkschaftlicher Ideologie und Fremdbestimmung erreichen können“, so Bohnenstengel laut der Stuttgarter Zeitung in einem offiziellen Brief an die Belegschaft. Dies ist ein Verstoß gegen das BetrVG, welches Bevorzugung einer Gruppierung vor einer BR-Wahl ausdrücklich unter Strafe stellt

Der Vortrag im Betriebs- und Personalrätekreis der Betriebsseelsorge löste bei allen Zuhörern starke Betroffenheit aus. Um diese ernste Problematik über den Zuhörerkreis der Veranstaltung hinaus bekannt zu machen, habe ich, Dr. Jürgen Werner, dieses Protokoll erstellt.

Inzwischen solidarisieren sich viele Mitglieder der IG Metall beim Daimler und in anderen Firmen und der AfA in der SPD mit den Beschäftigten beim Breuninger. Sie fordern die Geschäftsleitung von Breuninger auf, die Kündigungen zurück zu nehmen. Von den Betriebsräten wird erwartet, dass sie endlich ordentliche Betriebsratsarbeit mit den dafür nötigen Freistellungen machen.

Sindelfingen, den 9. Dezember 2010

Dr. Jürgen Werner

 
 

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